Unkontrollierte, regelmäßige Essattacken sind die Hauptsymptome der am häufigsten auftretenden Essstörung: An der sogenannten Binge-Eating-Störung erkranken durchschnittlich 2,8 Prozent aller Frauen und 1 Prozent aller Männer in Deutschland im Laufe ihres Lebens. Studien1 zeigen, dass neben einer psychotherapeutischen Behandlung auch eine begleitende medikamentöse Behandlung hilfreich sein kann. Auch wenn aktuell in Deutschland noch keine Medikamente zur Behandlung von Binge-Eating-Störungen zugelassen sind, unternehmen auf internationaler Ebene Unternehmen wie Clearmind Medicine Inc. (ISIN: CA1850531056) oder Tryp Therapeutics (ISIN: CA89854F1062) bei ihren Studien mit neuartigen Psychedelika bereits erste Schritte in diese Richtung.
Binge-Eating-Störung – Ursachen und Folgen
Binge-Eating ist eine Essstörung, bei der Betroffene unabhängig vom Hungergefühl regelmäßig Essanfälle haben und dabei die Kontrolle über sich verlieren. Diese Essanfälle zeichnen sich durch eine sehr schnelle Aufnahme einer großen Menge an Nahrungsmitteln aus, die erst dann stoppt, wenn die Betroffenen ein unangenehmes Völlegefühl verspüren. Nach den Essattacken plagen Betroffene häufig Schuldgefühle, Scham und Ekel. In der Regel versuchen sie, die Essanfälle vor anderen Menschen geheim zu halten, ziehen sich aus ihrem sozialen Umfeld zurück und können durch die hohen Einkaufsmengen auch in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Nur sehr selten ergreifen Betroffene nach den Essanfällen Maßnahmen wie Erbrechen, übermäßigen Sport oder Hungern. Die Mehrheit von ihnen leidet unter Übergewicht oder Adipositas. In der Folge erhöht sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2, Gelenkprobleme und andere Erkrankungen.
Die Ursachen für eine Binge-Eating-Störung können vielfältig sein. Dazu zählen unter anderem Faktoren wie emotionale Probleme, ein niedriges Selbstwertgefühl, gekoppelt an ein negatives körperliches Selbstbild, ein erhöhter Body-Mass-Index (BMI) und häufiges Diäthalten, das mit Essanfällen kompensiert wird. Häufig kommen bei Betroffenen zur Binge-Eating-Störung außerdem psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen hinzu. Akute Auslöser für die Essattacken können dabei zum Beispiel innere Leere, Wut, Trauer, Stress, Langeweile oder Angst sein.
Behandlungsmöglichkeiten bei Binge Eating
Behandelt wird eine Binge-Eating-Störung in der Regel mit einer kognitiven Therapie, bei denen Betroffene lernen sollen, ihr Essverhalten zu normalisieren und ihren Körper zu akzeptieren, um ein positives Körpergefühl aufzubauen. Darüber hinaus lernen sie, die Auslöser ihrer Essattacken zu erkennen, um sie durch andere, zielführende Strategien im Umgang mit negativen Gefühlen erfolgreich zu vermeiden. Begleitend dazu gibt es Psychopharmaka, die den Therapieprozess positiv unterstützen können.
Dazu gehört zum Beispiel der Wirkstoff Lisdexamfetamin (LDX), der ursprünglich zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) entwickelt wurde und 2015 erstmalig in den USA auch gegen Binge Eating zugelassen wurde. Hier leistete das Pharmaunternehmen Shire (ISIN: JE00B2QKY057, im Jahr 2019 übernommen von Takeda, ISIN: JP3463000004) mit seinem Medikament Vyvanse Pionierarbeit. In der Schweiz und in Österreich wird der Wirkstoff unter dem Handelsnamen Elvanse von der Opopharma Handels-GmbH produziert und vertrieben.
Neuer Ansatz: Psychedelika gegen Binge Eating und Adipositas
Ein neuer Ansatz gegen Binge Eating ist der Einsatz von Psychedelika. Das Unternehmen Clearmind Medicine erforscht aktuell in Zusammenarbeit mit der Hebräischen Universität in Jerusalem, inwiefern sich ihr patentierte Wirkstoff MEAI (5-Methoxy-2-aminoindan)
bei der Behandlung von Binge-Eating-Störungen einsetzen lässt. Nach positiven ersten Hinweisen mit MEAI in präklinischen Studien zur Reduzierung des Alkoholkonsums, soll hier nun in Zusammenarbeit mit dem Adipositas- und Stoffwechsel-Labor der Universität näher erforscht werden, inwiefern MEAI auch eine entscheidende Wirkung beim Einsatz gegen Binge Eating oder zur Gewichtsreduzierung bei Fettleibigkeit erzielen kann. Bei Erfolg könnte der patentierte Wirkstoff MEAI und damit Clearmind Medicine möglicherweise zu einem wichtigen Gamechanger beim weltweiten Kampf gegen Adipositas werden, das durch die daraus resultierenden Folgeerkrankungen ein stark wachsendes Problem in den USA, in Deutschland und vielen weiteren Ländern der Welt darstellt.
Neben MEAI gelten auch psilocybin-basierten Psychedelika erfolgsversprechend. Auf diese Wirkstoffe konzentriert sich zum Beispiel das Unternehmen Tryp Therapeutics. Im März hat das Pharma-Unternehmen in Zusammenarbeit mit der University of Florida die ersten Patienten für eine klinische Phase-II-Studie mit seinem Präparat TRP-8802 rekrutiert, bei der die Wirksamkeit des Medikaments bei der Therapie von Binge-Eating-Essstörung untersucht werden soll. Bei einer erfolgreichen Zulassung könnte sich dem Unternehmen nach eigenen Schätzungen ein potenzieller Markt von rund 2,9 Milliarden US-Dollar erschließen.
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Quellen & weiterführende Informationen:
1https://essstörungen-aargau.ch/media/archive1/fachpersonen/therapie/somatotherapie/MediThED.pdf
https://psychedelicspotlight.com/binge-eating-disorder-psilocybin-study-tryp-therapeutics-fda-green-lights/
https://www.ariva.de/news/tryp-therapeutics-initiates-enrollment-for-binge-eating-4810821
https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/wie-funktionieren-klinische-studien-6877.php
https://www.bzga-essstoerungen.de/was-sind-essstoerungen/arten/binge-eating-stoerung/?L=0
https://www.bzga-essstoerungen.de/habe-ich-eine-essstoerung/wie-haeufig-sind-essstoerungen/?L=0
https://www.dhs.de/suechte/essstoerungen/binge-eating-stoerung
https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Lisdexamphetamin
https://www.singlecare.com/blog/news/eating-disorder-statistics/
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